Es bat ihn aber einer der Pharisäer, mit ihm zu essen; und er ging in das Haus des Pharisäers und legte sich zu Tisch. Lukas 7,36
Der Pharisäer und die Sünderin (1)
Bevor der Herr Jesus Christus seinen öffentlichen Dienst begann, rief schon Johannes der Täufer das Volk Israel zur Buße auf. Er wies auf den Erlöser hin, der im Alten Testament verheißen war und jetzt kommen würde, um sein Volk von ihren Sünden zu retten. Viele Juden folgten seinem Ruf und ließen sich taufen. Damit gaben sie äußerlich zu erkennen, dass sie von ihren Sünden lassen wollten, um in das Reich des Messias eingehen zu können.
Doch die Pharisäer und Gesetzgelehrten, die religiösen Führer des Volkes, verweigerten sich diesem Gebot Gottes (Lukas 7,30). Ob der Pharisäer Simon hier eine rühmliche Ausnahme macht? Er lädt Jesus zum Essen ein. Schlägt sein Herz vielleicht doch für den Sohn Gottes?
Später wird deutlich werden: Simon mag ein „korrekter“ Gastgeber sein, aber sein Verhalten gegenüber dem Herrn lässt jedes Merkmal besonderer Herzlichkeit und Fürsorge vermissen. Auch er will nicht glauben, dass Jesus der Messias, der Sohn Gottes, ist.
Aber warum lädt Simon den Herrn dann überhaupt ein? Die Wunder, die der Heiland getan hat, und seine Worte voller Barmherzigkeit und voller Kraft sind weithin bekannt geworden. Ist Simon neugierig geworden? Will der Pharisäer mit dieser Einladung dokumentieren, dass er für vieles offen ist? Oder meint er etwa, seinen anderen Gästen einmal eine besondere Art der Unterhaltung bieten zu müssen? Vielleicht kommen alle diese Beweggründe zusammen. – Aber sind das wohl gute Voraussetzungen dazu, den Sohn Gottes wirklich kennenzulernen? Ihn so kennenzulernen, wie Er ist, und zu erfassen, was Er für uns sein will?
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Der Pharisäer und die Sünderin (2)
Was immer auch der Beweggrund Simons war, Jesus in sein Haus einzuladen, der Herr ist seiner Einladung gefolgt. Er hat eine Botschaft für Simon. Wichtiger noch: Er wird in diesem Haus eine ganz besondere Begegnung haben.
Plötzlich steht eine Frau im Raum. Sie gehört nicht zu den geladenen Gästen. Normalerweise würde sie dieses Haus gar nicht betreten. Der Hochmut der Pharisäer und das Wissen um die eigene Schande würde sie davon abhalten.
Auch wenn wir keine Einzelheiten erfahren – diese Frau ist eine stadtbekannte Sünderin. Nur die Anwesenheit des Herrn Jesus Christus treibt sie zu dem ungewöhnlichen Schritt in das Haus Simons. Welches sind nun ihre Beweggründe? Bloße Neugier in Bezug auf „diesen Jesus“ kann sie kaum hergeführt haben.
In den Versen vor dieser Begebenheit in Lukas 7 lesen wir von der Haltung der religiösen Führer gegenüber Jesus. Sie nennen Ihn verächtlich „einen Freund von Zöllnern und Sündern“ (V. 34).
Die Pharisäer verachteten Jesus für die Güte, die Er „Sündern“ und Verachteten gegenüber ausstrahlte. Diese Frau aber wurde davon angezogen. Sie war eine Sünderin. Sie wusste es, und es machte ihr Not. – Das ist die rechte Voraussetzung, den Sohn Gottes als unseren persönlichen Retter kennenzulernen. Wer mit diesem Beweggrund zu Ihm kommt, dem gilt das Wort des Herrn: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen“ (Johannes 6,37).
Der Pharisäer und die Sünderin (3)
Die Gäste Simons haben nach der damaligen Sitte auf Liegepolstern um den Tisch herum Platz genommen. Die Sünderin stellt sich mit ihrer Alabasterflasche hinter den Herrn, zu seinen Füßen. Weiter wagt sie nicht zu gehen.
Sie entschuldigt sich nicht für ihr Eindringen. Sie spricht kein Wort. Sie ist auch gar nicht in der Lage dazu. Die Last, die so schwer auf ihrem Herzen liegt, bricht sich Bahn in einem Strom von Tränen.
Was bringen diese Tränen zum Ausdruck? Sie zeigen:
•dass sie ihre Sünden eingesteht und zutiefst bereut;
•dass sie dem Urteil Gottes über diese Sünden und über sich selbst als Sünderin zustimmt;
•dass sie Vertrauen hat zu Jesus, dem Retter und Herrn.
Wie tief das Glaubensvertrauen in ihrem Herzen in diesem Augenblick schon geht, wissen wir nicht. Aber es ist echt. Gott hat es in dieser Frau gewirkt (vgl. Johannes 6,44.47.65). Und sie wird nicht enttäuscht werden.
Ihre Tränen benetzen die Füße Jesu. Der Herr kennt die Bedeutung dieser Tränen und äußert kein Wort des Tadels. Er nimmt diesen Ausbruch des belasteten Herzens an. Das gibt ihr Mut, seine Füße mit ihren Haaren zu trocknen.
Schließlich bringt sie mit erleichtertem Herzen Christus ihre Huldigung dar. Die Frau salbt seine Füße mit dem Salböl, das sie mitgebracht hat.
Der Pharisäer und die Sünderin (4)
Simon ist Augenzeuge einer interessanten Begebenheit geworden. Seine Gedanken darüber sind typisch für einen Pharisäer:
Er weiß um die Existenz Gottes. Und dass Gott Propheten senden kann, hält er durchaus für möglich. Und sehr bereitwillig erkennt er an, dass es so etwas wie Sünde gibt und folglich auch Sünder, die diese begehen. Doch er selbst fühlt sich bei diesem Thema gar nicht betroffen. Beim Stichwort „Sünde“ denkt er immer nur an andere. Ihm fehlt jeder Blick für die eigenen Sünden und die gefährliche Situation, in der er sich dadurch befindet. Daher kann er leicht den Gedanken hegen, dass Gott mit Sündern nichts zu tun haben will und dass auch ein Prophet die Nähe von Sündern meiden muss.
Dem Pharisäer fehlt es an der rechten Selbsterkenntnis; und er kennt keine Sündennot. Deshalb kann er sich Gott auch nur als harten, unbarmherzigen Richter vorstellen. Den rechten Blick auf Jesus, den Retter, kann er mit dieser Einstellung nicht gewinnen!
Interessant ist, dass alle von Menschen erfundenen Religionen genau diese Charakterzüge aufweisen: Danach gibt es zwar Sünder, aber es gibt auch gute Menschen, die – so meint man – keinen Erretter und keine Gnade nötig haben.
Jesus hatte vorher in dieser Begebenheit die Empfindungen der Sünderin erkannt, die in ihren Tränen zum Ausdruck kamen. Auch die unausgesprochenen Gedanken des Pharisäers sind Ihm nicht verborgen. Er wird noch ein besonderes Wort an Simon richten.
Der Pharisäer und die Sünderin (5)
Jetzt erzählt Jesus das Beispiel von einem Kreditgeber, der zwei Schuldnern ihre Schuld erließ. Bei dem einen war der Betrag zehnmal so hoch wie bei dem anderen. Dann fragt Jesus: „Wer nun von ihnen wird ihn am meisten lieben?“ Simon antwortet: „Ich meine, der, dem er das meiste geschenkt hat.“
Der Herr bestätigt das und knüpft daran an. Er zeigt Simon, dass Er tiefer gesehen hatte, als dieser ahnte! Jesus macht den selbstgerechten Pharisäer darauf aufmerksam, dass er Ihm weder Wasser für eine Fußwaschung noch einen Kuss zur Begrüßung gegeben, noch sein Haupt mit Öl gesalbt habe. Die verachtete Frau aber, so erklärt Er, habe all das – auf ihre Weise – wohl getan, als sie seine Füße mit Tränen benetzte und schließlich mit Öl salbte.
In dem Verhalten der Sünderin hatte Jesus Liebe empfunden. Wahrscheinlich hatte diese Frau bisher nur ein schwaches Ahnen von der gewaltigen Tatsache der Sündenvergebung. Aber die Güte und Gnade des Herrn hatte sie angezogen und die Liebe zu Ihm geweckt. Und diese Liebe vermisste Jesus bei dem Pharisäer. Offensichtlich wollte Simon auch jetzt nicht zulassen, dass das Gleichnis von der erlassenen Schuld den Panzer durchbrach, der sein Herz gegenüber der Gnade abschirmte: den Panzer einer Selbstgerechtigkeit, die ohne jede Gnade auszukommen meint.
Und wie reagieren wir, wenn Gott unsere tiefsten Gedanken und Beweggründe durch sein Wort ans Licht bringt? – Gestehen wir unsere Erlösungsbedürftigkeit vor uns selbst und vor Gott ein? – Lassen wir uns von seiner Gnade anziehen?
Der Pharisäer und die Sünderin (6)
Die deutliche Liebe der Frau zum Herrn ist schon ein Beweis dafür, dass ihre vielen Sünden vergeben sind. Doch bei Simon ist noch überhaupt keine Sündenerkenntnis, kein Verlangen nach Gnade und Vergebung und daher auch keine Liebe zu erkennen. Jesus weist ihn mit sehr gelinden Worten darauf hin. Sie sind ein letzter Appell seiner Güte an das Herz des Pharisäers. Simon kann daraus für sich selbst die nötigen Schlussfolgerungen ziehen.
Dann wendet sich der Heiland zum ersten Mal direkt an die Sünderin. In Gegenwart Simons und der anderen skeptischen Gäste spricht Er der Frau die Vergebung ihrer Sünden ausdrücklich zu. Ja, die Frau hat gesündigt, die ganze Stadt weiß davon. Aber ihre Schuld ist völlig ausgetilgt, ist vergeben!
Die übrigen Gäste fragen zweifelnd: „Wer ist dieser, der auch Sünden vergibt?“ Nur Gott selbst kann ja Sünden vergeben! – Aber der Herr Jesus Christus ist Gott, der Sohn. Daher hat Er auch die Vollmacht, Sünden zu vergeben (V. 49; vgl. auch Lukas 5,20-26; Johannes 5,19-30; 17,2).
Dann spricht Jesus zu der Frau: „Dein Glaube hat dich gerettet; geh hin in Frieden“ (V. 50). Sie ist im Glauben zum Herrn gekommen. Jetzt erfährt sie, dass der Glaube sie errettet hat, jetzt empfängt sie Heilsgewissheit. Für ihr dankbares Herz ist die Frage der anderen, die Frage „Wer ist dieser?“, längst beantwortet:
Jesus ist der Erretter; Er ist Christus, der Herr! (Lukas 2,11).